Checkpoint 95
Checkpoint 95
Live-Satelliten-Fernseh-Inszenierung mit telerobotischer Anwendung
20. Juni 1995, 22.30 – 24.00 Uhr CET
Ein Stadtwerkstatt-TV-Projekt, in Zusammenarbeit mit „Paper Tiger TV“, New York und „Association of New-Screen-Technologies“, Moskau, anlässlich des damals 50jährigen Gedenkens der Beendigung des 2. Weltkriegs.
Drei gleichzeitig stattfindende, ineinander verwobene TV-Sendungen aus den Studios STWST-TV auf der Nibelungenbrücke, Linz; Studio RTR, Moskau; BMCC Media Center, NYC, verbunden durch einen Multimedia-Satellitenlink: Moskau – Linz – New York.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Linz zur geteilten Stadt. Südlich der Donau war die amerikanische und nördlich in Urfahr die russische Besatzungszone. Auf der Brücke wurden Checkpoints errichtet, die PassantInnen mussten an den Kontrollpunkten den amerikanischen und russischen Soldaten ihre Ausweise vorweisen. Ein konkreter Anhaltspunkt des kalten Krieges: Den Soldaten war es nicht gestattet, sich in die jeweils andere Zone zu begeben.
Checkpoint 95
Durch Bild-, Ton- und Datenleitungen wurden die Städte Moskau, Linz und New York in jede Richtung verbunden. Die Signale wurden via Satellit von Linz nach Moskau bzw. nach New York geleitet, dort in die TV-Studios eingespielt und bildtechisch bearbeitet wieder nach Linz zurückgeschickt. Das in Linz installierte Fernsehstudio bekam eine Art Serverfunktion. In Linz wurden die Signale und Datenstreams aus Moskau und New York nach erneuter video- und steuerungstechnischer Bearbeitung koordiniert, sendefähig aufbereitet und via 3sat dem europäischen Fernsehpublikum zugänglich gemacht. Von Moskau aus wurde zeitgleich, aus dem Studio von RTR (Radio Telivsion Russia) auf dem gesamten Sendegebiet der ehemaligen UDSSR, in insgesamt 11 Zeitzonen live ausgestrahlt. Vom Studio NY wurde live via Kabel im gesamten Bundesstaat und später, zeitversetzt über das Satelliten-Netzwerk „Deep Dish“ an TV-Betreiber in der ganzen USA übertragen.
Die Begegnung
Das für diese Anwendung entwickelte Telepräsenz-System P.R.D. (Parallel-Raum-Display) ermöglichte es den „Telenautinen“ von ihren Studios in Moskau und New York aus, real auf dem neutralen Boden der Nibelungenbrücke in Linz präsent zu sein - optisch, akustisch und mechanisch. Durch eine Kombination aus steuerungstechnischen sowie mechanischen und opto-akustischen Verfahren, wurde eine Verbindung des Innenraumes der Cockpits in den Studios mit dem umgebenden Raum der von den Telenautinen ferngesteuerten Tele-Mobilen auf der Nibelungenbrücke ermöglicht. Die Räume wurden sozusagen parallel ineinander verschoben.
Ehemaligen Soldaten, Veteranen aus der russischen und amerikanischen Besatzungszone, die 50 Jahre zuvor hier auf der Brücke standen und damals keinen Kontakt zueinander aufnehmen durften, wurde es so ermöglicht, sich wieder auf die Brücke zu begeben.
Von ihren ehemaligen Stützpunkten aus starteten sie eine Art „Zeitreise“ und bewegten sich von Moskau und NY durch einen auf der Nibelungenbrücke gestalteten Parcours. Dessen einzelne Stationen erinnerten an das Ende des Zweiten Weltkrieges und den darauf folgenden Beginn des Kalten Krieges. Auf der Mitte der Brücke kam es zur Begegnung, bei der sie sich mit ihren Tele-Mobilen von Moskau und NY aus, in Linz trafen. So ein Zusammentreffen war 50 Jahre zuvor nicht möglich. Es wurde zu einem historischen Ereignis, an dem Zuseher aus aller Welt via TV live teilhaben konnten und das den beteiligten Personen und dem Frieden der Nationen gewidmet wurde.
Die Telekonferenz
Ein weiterer Bestandteil der weltumspannenden Medien-Inszenierung war die Telekonferenz. Während sich die Telenauten auf eine Entdeckungsfahrt durch einen Parcours von speziell zu den Themen der Konferenz gestalteten Rauminstallationen begeben, werden Diskussionsteilnehmerinnen zugeschaltet. Die Themen reichen von den der Brücke namengebenden Nibelungen und ihrer Saga, bis hin zu Grenzen aller Art und der Möglichkeit, sie durch Kommunikationstechnologie zu überwinden.
Mit Fortdauer der Konferenz konzentriert sich die Diskussion immer mehr auf das Thema der Auflösung von Grenzen. Gegen Ende kommt es zu einer finalen Verdichtung und Überlagerung von Bildern und Tönen aus allen drei Studios bis hin zur völligen Aufhebung der räumlichen Trennung.
Checkpoint 95 ++ Fotos
Parallel-Raum-Display ++